Bilderrahmen – Beiwerk oder Teil des Gesamtkunstwerks?
Im Oktober des vergangenen Jahres thematisierte eine vom Rahmenexperten Werner Murrer kuratierte Ausstellung diese Frage am Beispiel des expressionistischen Malers Ernst Ludwig Kirchner. Das Buchheim Museum Bernried zeigte in der Ausstellung „Wiederentdeckt und wiedervereint“ Bilder Kirchners in ihren Original-Bilderrahmen.
Ernst Ludwig Kirchner legte Wert darauf, seine Bilder stets mit den zugehörigen, von ihm selbst gestalteten Bilderrahmen in Ausstellungen zu geben. Für ihn bildeten Bild und Rahmen eine Einheit.
Im Laufe der Jahrzehnte wurde diese enge Verbindung von Bild und Rahmen häufig getrennt. Die Zusammenstellung der Ausstellung zeigt übrig gebliebene, ungetrennten Bilder sowie einige mit ihren Rahmen wiedervereinigten Bilder. Sie zeichnet so auch die Entwicklung der von Kirchner gewählten Bilderrahmen nach, von der Berliner Brückezeit bis zu seiner Zeit in Davos, in der er begann die eigentliche Bildfläche nach außen hin aufzulösen und den Rahmen mit in die Gestaltung einzubeziehen.
Entwicklung des Zusammenspiels von Bild und Rahmen im Werk Kirchners

Zunächst verschwanden die üppig verzierten Rahmen: Die Entwicklung ging zu einfacheren Leisten und Profilen. Später wurden diese dann durch die Ausweitung des Gestaltungsakts auf den Rahmen zu einer Schnittstelle zwischen Bild und Umgebung.
Und einfachere Rahmenprofile eignen sich hierfür naturgemäß besser als opulente Barock-Rahmen mit ihrer eigenen Ästhetik.
Diese ursprünglich direkt zum Bild gehörigen Rahmen sind so oftmals nicht nur Originalrahmen, sondern Künstlerrahmen.
Eine Trennung von Bild und Rahmen ist also besonders bedauerlich. Doch auch in diesen eigentlich sehr evidenten Fällen der Zusammengehörigkeit, wurden Bilder von ihrem Rahmen getrennt.
Einige konnten wieder zusammengeführt werden: So zum Beispiel Blonde Frau im roten Kleid, aus dem Jahr 1932. Der Künstlerrahmen dieses Bilds spiegelt mit Rosa, Tiefrosa und Blaugrün Farben des Bildes wider.
Das Bewusstsein um die mögliche Bedeutung der Verbindung von Bild und Bilderrahmen, Originalrahmen, Künstlerrahmen, war in der Vergangenheit unterschiedlich stark ausgeprägt. Dem entsprechend veränderte sich in der kuratorischen Praxis der Umgang damit im Laufe der Zeit immer wieder. Bereits in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum Beispiel war diese Verbindung Thema einer Ausstellung des Van Gogh Museums in Amsterdam: In Perfect Harmony.
Der Umgang mit Rahmen und Neurahmungen in Museen
Ebenfalls in der Sammlung des Bündner Museum Chur sind Werke vertreten, die eng mit den individuellen Künstlerrahmen (Kirchner, Giacometti) verbunden sind, oder bei denen die historischen Originalrahmen von Bedeutung sind (Hodler).
Im Podcast des Museeums erschien kürzlich ein hörenswertes Gespräch zwischen besagtem Rahmenspezialisten Werner Murrer und Stephan Kunz, dem künstlerischem Direktor des Bündner Museums Chur. Die beiden sprechen über Künstlerrahmen in der Sammlung im Besonderen und den Umgang mit Originalrahmen und Künstlerrahmen im zeitgenössischem Kontext.
https://buendner-kunstverein.ch/podcast
Literatur zu dem Thema gibt es in Form eine Buches aus dem Calwey Verlag:
Bilder richtig rahmen, 1. Januar 1992, 144 Seiten, ISBN-10 : 3766710079, ISBN-13 : 978-3766710079, von Lily Becker-Massart, Michael Then.